X Festival - KULTUR BINDET
2 - 4 Juli 2009
2 - 4 Juli 2009
Eine Stadt trägt einen geheimen, voraufgestellten Plan in sich. In diesem koexistieren verschiedene Räume gleichwertig neben- und übereinander, die eine nur physische Struktur der Materie in Frage stellen. Hier spielen sich zwischen dem Dauernden und dem Potentiellen feine Prozesse ab, Interferenzen, die Berührungspunkte, Spannungsfelder, gegenläufige Vektoren und rückwärtige Linien markieren. Die Wahrnehmung der verschiedenen Schichten des Stadtraums stellt eine vergängliche Konjunktion der Ereignisse, der Orte, ihrer Einwohner und der geschichtlichen Ein(zel)heiten dar. Nur intuitiv bestimmbar, ist sie immer vielmehr erfahrbar als erlernbar.
Wir wollen, dass die diesjährige Edition des Festivals, das sich schon seit 10 Jahren in die Textur der Stadt einwebt, ein Versuch ist, solch eine Topographie abzubilden - eine nie nur ein-artige, eine mehrdeutige Erzählung einer Stadt. Deswegen auch die Fülle der Veranstaltungen, die auf den ersten Blick an vielleicht etwas ungewöhnlichen Orten stattfinden werden; deswegen auch sowohl Niebuszewo auf der linken Seite der Oder, wie die am rechten Ufer gelegene Lasztownia mit als Spielorte - wie auch der Fluß selbst, der beide Seiten als unregelmäßige Naht miteinander verbindet; deswegen also soll das Festival als Versuch gewertet werden eine Achse der Stadt zu entdecken, die diese nicht teilt, sondern entlang derer die räumliche Orientierung eine Verbindung ermöglicht.
Die Stadt interessiert uns als ein komplexer, jedoch kohärenter Organismus, der nicht nur auf seine Straßenzüge, die ihm nur oberflächlicher Ausdruck sein können, beschränkt wird. Von Bedeutung sind stattdessen die Spuren, die Papillarlinien und Verbindungen, die zwischen den kulturellen, gesellschaftlichen und architektonischen Schichten der Stadt bestehen. Von Bedeutung ist, wie diese sich durchdringen, beeinflussen, wie auch kleinst-Ereignisse den Raum verändern können - auf den großen öffentlichen Plätzen der Stadt wie auch in den Häusern, den Werkstätten und Hinterhöfen. Von Bedeutung für uns sind die versteckten Lebenslinien der Stadt, ihre Bindeglieder...
In diesem Sinne wollen wir dieser Idee nicht nur im Titel des Festivals und in den Örtlichkeiten, sondern in erster Linie im Programmablauf Rechnung tragen - neben großformatigen Theatervorführungen und open-air Spektakeln, wollen wir künstlerische Werke zeigen, die eine Atmosphäre von fast intimer Nähe schaffen, wie auch Konzerte zeitgenössischer Avantgarde. Geboten wird außerdem Welt- und rituelle Musik, spezifische workshops, die direkt mit den jeweiligen Künstlern abgehalten werden, wie auch verschiedene Projekte, welche sich an den Grenzen der Stile und Gattungen bewegen.
Kunst also auch als Vorwand, der Künstler als Katalysator. Das momentane Sichtbarmachen der Beziehungen eines spezifischen Orts, einer bestimmten Zeit. Die stetige Veränderung dieser - die immer auch eine Veränderung der Menschen ist...